Gebt dem Vogel ein Zuhause

Wir sind amtierender deutscher Basketballmeister der letzten drei Jahre. 2020 und 2022 haben wir zudem den deutschen Pokal gewonnen. Andere Fangruppen aus der Stadt des Zwiebacks würden schreiben: Wir haben Basketballdeutschland dominiert. Nur leider steht die erfolgreichste deutsche Basketballmannschaft der letzten Jahre kommende Saison, Stand jetzt, ohne Halle da. Deswegen fordern wir als Fans: Gebt dem Vogel ein Zuhause – ein Schutzgebiet, in dem sich der Albatross entfalten kann.

Umziehen ist erstmal per se nichts schlimmes. Viele Berliner:innen sind schon einmal umgezogen. Manchmal kann ein Tapetenwechsel auch ganz sinnvoll sein, um sich in vielen Belangen weiterzuentwickeln. Leider macht der stetig wiederkehrende Gentrifizierungsprozess auch vor unserer Stadt nicht halt. Zudem haben viele Berliner:innen in den letzten Jahren einen beliebten Club, ein beliebtes Restaurant, eine Bar oder ein Kulturzentrum verloren, weil sich im weitesten Sinne die Mietsituation geändert hat. Unsere Mietsituation ändert sich zur neuen Saison. Aktuell ist unklar, ob der Mietvertrag mit der Halle verlängert wird.

Drei Hallen und die Geburtsstunde von BLOCK 212 

Sömmeringhalle, ein kurzer Ausflug in die Deutschlandhalle, Max-Schmeling-Halle und nun die Halle am Ostbahnhof hießen unsere bisherigen Spielstätten. Die erfolgreichsten Jahre verbrachten wir sicherlich in der Max-Schmeling-Halle, wobei die letzten Jahre aus unserer Fansicht auch mehr als zufriedenstellend waren. Nach dem Umzug in die damalige O2-World (heute Mercedes-Benz Arena) im Jahr 2008 lockte ALBA eine Zeit lang die meisten Zuschauer in ganz Europa in eine Basketballhalle. Verrückt, wenn das, gemessen an den Zuschauerzahlen, was danach kommt, nur noch die NBA ist. ALBA schaffte es in den ersten Jahren nach dem Umzug, die Hütte auch regelmäßig mit fast 15.000 Zuschauer:innen komplett voll zu bekommen. Es war alles neu und spannend und einige Zuschauer:innen waren auch sicherlich nur mal zum Gucken da.
Um eine so große Hütte fantechnisch zu bespielen brauchte es neue Ansätze, was auch im Wesentlichen zur Gründung unserer Fangruppe BLOCK 212 im Jahr 2011 führte.  Alt eingesessene Albafans und ebenso eine Horde junger, motivierter Menschen erzeugten auf einmal eine neue Art von Stimmung in dieser Mehrzweckarena am Ostbahnhof. Fast parallel gab es immer wieder den Wunsch nach Identität: Identität mit dem Team, dem Verein an sich, der neuen Heimspielstätte, Identität oder Zugehörigkeit bei den Fangruppen. Die letzten Jahre aus Sicht der Fans werden wir gerne in einem anderen Bericht näher erläutern. Nur so viel: Wir haben in den letzten Jahren einige grandiose Partys auf dem Spielfeld und auf den Rängen in der Mehrzweckhalle gefeiert. Dafür sind wir alle schon jetzt sehr, sehr dankbar.

Corona veränderte vieles 

Vor Corona hatte ALBA durchschnittlich über die gesamte Saison gesehen ca. 10.000 Zuschauer pro Spiel zu verzeichnen. Gerade im Hinblick auf das Überangebot an Veranstaltungen und den diversen Bundesligisten in sämtlichen Sportarten in der Hauptstadt ist dieser Zuschauerschnitt noch respektabler einzustufen.
Corona verzeichnete im Wesentlichen bei allen Ballsportarten (bis auf Fußball) Zuschauerrückgänge, so auch bei ALBA. Langsam pendelt es sich aus unserer Sicht wieder ein. Die Menschen haben wieder Lust auf Veranstaltungen.
Leider ist die Zuschauerzahl wie bei anderen Sportarten abhängig von Tageszeit und aktueller Verfassung des Teams. Die treue Fangemeinde ist zumeist immer vor Ort. Die Eventfans zieht es aber nur zu speziellen Spielen in die Halle. Fast 14.000 Zuschauer:innen wollten das Heimspiel gegen Fenerbahce am 08. Dezember 2022 sehen. Ganz selbstkritisch müssen wir festhalten, dass diese Zahl nur erreicht wurde, da sicherlich die Hälfte der Karten von der türkischen Community gekauft wurden. 

Spannungsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter? 

Möchte der Hallenbetreiber Anschutz Entertainment Group (AEG) uns loswerden? Nach allem, was wir in der Presse lesen durften, müssen wir die Frage mit JA! beantworten.
Dass ALBA ein nicht allzu beliebter Untermieter ist, durften wir schon das ein oder andere Mal feststellen. Der derzeitige Hallenbetreiber AEG ist auch gleichzeitig Besitzer der Eisbären. Es ist natürlich wenig verwunderlich, dass dem eigenen Kind natürlich gerne die teure Eigentumswohnung überlassen wird und ALBA in dieser Beziehung das uneheliche Kind darstellt, welches nur akzeptiert wird, wenn wir genügend Geld in die Kassen spielen. Einzelticketpreise von ALBA Heimspielen in Höhe von 15€ können (wen wundert es) kaum mit Ticketpreisen in Höhe von mehreren hundert Euro für Zauberzwillinge oder asiatische Boygroups mithalten.
Durch den coronabedingten Veranstaltungsstau könnten ggf. im Zweitagesrhythmus große Konzerte und Veranstaltungen in unserer Halle durchgeführt werden.
Was passiert eigentlich, wenn sich der Veranstaltungsrückstau gelegt hat? Wäre dann nicht ein konstant zahlender Mieter wie ALBA gut für eine langfristige Planungssicherheit? 15€ Tickets für ALBA können sich zukünftig wahrscheinlich mehr Leute leisten als 200 Euro für Lady Gaga.
Und wenn wir schon umziehen müssen, dann sollten wir ja beim Umzug direkt eine Stehplatztribüne planen. Ach halt – da war ja was. Die Restriktionen der Euroleague, die leider Sitzplätze vorschreibt. 

Wir brauchen einen ALBA-Ort – Wir brauchen ein Zuhause 

Zuletzt konnte aus der Presse vernommen werden, dass die Gespräche zwischen ALBA, der Stadt und den Hallenbetreibern gut verlaufen. Wir Fans hoffen, dass wir bald eine alte oder neue Heimspielstätte bekommen, in der wir Fankultur bei jedem Heimspiel ausleben können. Auf der Suche nach Zugehörigkeit und Identität in dieser großen, teils anonymen Großstadt brauchen wir einen ALBA-Ort, einen festen Ort zum Wohlfühlen, wo der Basketballfan aus Spandau auf den Basketballfan aus Köpenick trifft und beide frenetisch den Basketball in der Muddastadt feiern können.

Quellen:

https://www.tagesspiegel.de/sport/nach-der-em-ist-vor-dem-saisonstart-alba-berlin-vertraut-auf-seinen-pioniergeist-8671780.html

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/653700/umfrage/zuschauerschnitt-von-alba-berlin/

https://www.rbb24.de/sport/beitrag/2022/06/basketball-bundesliga-euroleague-alba-berlin-mercedes-benz-arena-anschutz-verhandlungen-mietvertrag.html