Auch in diesem Jahr wurden einige Basketballvereine im Osten der Republik genauer unter die Lupe genommen und im Rahmen einer Hopping-Tour besucht. In Zahlen ausgedrückt: 3 Spiele in 9 Tagen. Wenn Ihr wissen möchtet was die Ex-Albatrosse Immanuel McElroy, Guido Grünheid oder Sascha Leutloff aktuell so treiben und was ein Teil der ostdeutschen Basketballwelt derzeitig zu bieten hat, dann nehmt Euch kurz Zeit für unseren brandaktuellen Hopping-Bericht.
Jena – Essen (ProA, 23.01.16) An einem Samstagabend in Jena gab es eine schwere Entscheidung zu treffen. Es bestand die Möglichkeit den Abend mit einer neuen Folge von „King of Bacon“ auf DMAX zu zelebrieren oder das Heimspiel von Science City Jena gegen Essen zu besuchen. Letzteres wurde dann favorisiert. Jena, aktuell erster der Pro A, gegen den Zwölftplazierten aus Essen sollte eigentlich eine klare Sache sein, oder? Seit dem letzten Besuch in Jena (siehe Hopping-Bericht vom 02.03.2014) hat sich einiges verändert in der Science City. Die damals aktive Fangruppe SUJ hat sich mittlerweile aufgelöst. Als Gründe hierfür wurden interne Unstimmigkeiten sowie fehlender Rückhalt vom Verein genannt. Die entstandene Lücke soll nun eine neue Truppe mit Namen „JenensAir“ (quasi die Ureinwohner, vergleichbar mit der Bezeichnung „Berliner“) füllen. Eine lose Gruppe von jungen Leuten, die versuchen, dass träge Jenaer Publikum mitzureißen. Auch der nervige Hallensprecher versuchte alles um das Publikum zur Ekstase zu bringen und die Stimmung künstlich hochzuhieven – meistens erfolglos.
Der geschulte Basketballfan konnte an diesem Abend einige bekannte Gesichter auf dem Spielfeld ausmachen. Im aktuellen Kader des derzeitigen Spitzenreiters der ProA stehen gleich drei Ex-Albatrosse. Mit Immanuel McElroy, Guido Grünheid und Oliver Clay stellt Jena ein paar erstligataugliche Spieler aus früheren Alba-Jahren aufs Parkett. McElroy und Grünheid konnten dem Spiel sogar aussagekräftig Ihren Stempel aufdrücken. Als neutraler Zuschauer im Fanblock konnte ein Kampf zwischen „Alt“ und „Jung“ ausgemacht werden. Die ältere Fraktion setzte eher auf einfache Rhythmen vorgetragen von zwei Trommeln, wohingegen die jüngere Generation (= Fangruppe „JenensAir“) auch mal Gesänge und kreative Rhythmen jenseits von „Defense“ und „Jena“ etablieren wollte. Die Unstimmigkeiten zwischen „Alt“ und „Jung“ führten somit immer wieder zu verbalen Anfeindungen. Zum eigentlichen Spiel soll nur folgendes gesagt werden: Erst im vierten Viertel setzte sich Jena, auch angeführt durch McElroy (15 Punkte), entscheidend ab und gewann zum Schluss ungefährdet mit 83 zu 68. Nachdem sich ein Sieg in den letzten Minuten abzeichnete, wachte auch das träge Jenaer Publikum abseits des Fanblocks auf. Das optische Highlight setze an diesem Abend Jenas Trainer Björn Harmsen, der frisurtechnisch an einen Langzeit-Informatikstudent der Uni Jena erinnerte.
Die Zielrichtung für Jena ist ganz klar erste Liga. Die Namen im Kader sind zumindest jetzt schon erstligareif. Abschließend soll an dieser Stelle eine waghalsige These aufs Parkett geworfen werden: In der nächsten Saison dürfen wir Jena zusammen mit unseren Freunden aus Vechta wieder in der ersten Spielklasse begrüßen!
Leipzig – Saarlouis (ProB, 30.01.16) Weiter ging es mit dem Trip in Leipzig. Am darauf folgenden Samstagabend empfingen die Uni-Riesen Leipzig in einer Nebenhalle der Arena die Saarlouis Royals. Der Kurzbericht zu diesem Spiel soll den Fokus vor allem auf zwei Protagonisten der Uni-Riesen Leipzig lenken. Den derzeitig an sechster Stelle der ProB Süd platzierten Leipziger war schon vor Beginn der Spielzeit bewusst, dass sie nur mit einem geringen finanziellen Rahmen auskommen müssen. Dies war wahrscheinlich auch der Grund warum einzelne Spieler mit alten Shooting Shirts auflaufen mussten. Der für Albafans bekannteste Spieler der Uni-Riesen trug ein Shooting Shirt mit Namen „Macevicius“. Erst beim zweiten Blick erkannte man, dass es sich hierbei nicht um einen eingebürgerten Litauer handelte, sondern um den ehemaligen Berliner Sympathieträger Sascha Leutloff. Ein Spieler der sich anscheinend schon immer im Osten sehr wohl führte, was seine bisherigen Stationen zeigen (ALBA, MBC, Jena und nun Leipzig).
Ein weiterer Protagonist an diesem Abend war der erst 26 jährige Trainer der Uni-Riesen Leipzig Tuna Isler. Für einen Trainer ungewöhnlich jung, coachte Isler die Uni-Riesen ausgesprochen souverän und erfreulicherweise auch phasenweise sehr emotional. Noch lange nicht so emotional wie ein Obradovic, dennoch aber sehr nah am Spielgeschehen. Wahrscheinlich wird man in Zukunft vom jungen Coach der Leipziger noch einiges hören. Der Fanblock der Leipziger bestand aus den Fans „Green Fanatics“. Sieben Personen mit insgesamt sieben Trommeln bedeutet zumindest bei dieser Statistik eine Ausbeute von 100%. Die Halle war mit geschätzten 200 Zuschauern gut besetzt und wurde von den „Green Fanatics“ konstant mit einfachen Rhythmen versorgt. Nach einem Halbzeitstand von 39 zu 32 machten es die Hausherren durch einige Unkonzentriertheiten noch einmal spannend. In den letzten Sekunden brachten die Gegner aus Saarlouis allerdings nichts mehr Produktives zusammen, so dass Leipzig letztendlich mit 77 zu 73 als Sieger das Parkett verließ. Mit diesem Sieg sind die Playdowns der ProB wieder ein Stück weiter in die Ferne gerückt und die Playoffs der dritten Liga können weiterhin anvisiert werden. Der konstant schläfrige Blick von Leutloff war resümierend reine Ablenkung, um den Gegner zu verwirren. Anders ist ein Double-Double mit 21 Punkten und 12 Rebounds von dem immer noch sehr smart agierenden Leutloff nicht zu erklären.
Bei diesem Spiel gab es gleich zwei optische Highlights: Dem Co-Trainer der Saarlouis Royals möchte man abends lieber nicht begegnen. Dieser wirkte eher wie Kroatischer Türsteher in Jogginghose. Selbst der etatmäßige Center der Gäste sah neben dem Co-Trainer eher aus wie der Milchverkäufer. Absolutes optisches Highlight war aber die Nr. 42 der Gäste. Der Spieler Brennan McElroy kann man ganz klar als Spieler der alten Schule bezeichnen. Er kommt wahrscheinlich noch aus der Zeit als gewelltes, langes Haar, Stirnband und Oberlippenbärte die Freiplätze bestimmten. Resümierend soll auch festgehalten werden, dass Leipzig eine Stadt und die Uni-Riesen ein Team mit Potenzial sind. Ein zeitnaher Auftritt in einer höheren Spielklasse wäre demnach denkbar. Nur das liebe Geld wird vieles davon abhängig machen.
Weißenfels – Alba Berlin (BBL, 31.01.16) Am Sonntag und letzten Tag der Hopping-Tour durch Ostdeutschland gastierte Alba in der höchsten deutschen Spielklasse beim MBC in Leipzig. Genau genommen gastierte auch der MBC in Leipzig. Da die „Wölfe“ ihre Heimspiele im Normalfall im ca. 40 km entfernten Weißenfels austragen. Wenn man die Möglichkeit hatte, einige Tage vorher durch Leipzig zu schlendern, war die Werbung für das ausgewiesene „Event-Game“ allgegenwärtig. Auch an den ungewöhnlichsten Orten musste man sich stark auf das eigentliche Ziel in Form einer Keramikschüssel konzentrieren, um von der Werbung zum Spiel nicht abgelenkt zu werden. Andernfalls hätte man wieder die Geschichte von dem „defekten Wasserhahn“ in der Herrentoilette erfinden müssen.
Eine überschaubare Anzahl an Albafans war mit Bus oder privatem PKW angereist und trug so zur Stimmung in der Arena Leipzig bei. Selbstkritisch muss man sagen, war es nicht der stimmungsvollste Support von Alba-Seite, aber im Rahmen der Möglichkeiten wohl eine solide Leistung. Von Seiten des MBC wurde aber Stimmungstechnisch auch eher das Standardprogramm durchgezogen. Was wahrscheinlich auch mit dem Tabellenplatz, der damit einhergehenden Resignation und der fremden Halle zu tun hatte. Der Hallensprecher hatte allerdings die klare Vorgabe aus dem Spiel ein unvergessliches Erlebnis und wirkliches „Event-Game“ zu machen, was sich in Geschrei durchs Mikrofon und erbarmungsloser Animation der Zuschauer äußerte. Zum Glück war der Hallensprecher nach der Halbzeit ein wenig heiser, so dass man sein Geschrei nicht mehr ununterbrochen ertragen musste. Die Herangehensweise des Hallensprechers ist aber auch in Teilen verständlich, da der MBC gerade in Leipzig und im gesamten mitteldeutschen Raum um Zuschauer buhlt.
Obradovic startete überraschend mit Wobo und Lowery ins Spiel. Bei dem Anblick von Lowery dürfte sich der ein oder andere Gelegenheitszuschauer gefragt haben, warum Julius Jenkins denn immer noch bei Alba spielt. Lowery lieferte mit 20 Punkten und 8 Rebounds eine sehr starke Leistung ab. Als Alba-Fan bleibt allerdings zu hoffen, dass sich die Verpflichtung Lowerys nicht weiterhin zu Ungunsten von Akpinars Spielzeiten auswirkt. Akpinar zeigte in den letzten Spielen teilweise bärenstarke Leistungen, wenn man ihn spielen lässt. Zur Halbzeit führte Alba solide mit 47 zu 36. Ein schwacher Start nach der Halbzeit sowie eine bessere Dreierausbeute beim MBC sorgte dafür, dass ALBA noch einmal in Bedrängnis geriet. Letztendlich wurde das Spiel zum Schluss mit 84 zu 75 aus Berliner Sicht gewonnen. Die ca. 4.700 Zuschauer in der Arena Leipzig waren aber eher eine ausbaufähige Zuschauerausbeute. Fairerweise muss man sagen, dass wir parallel zum „MBC Event Game“ Handball Europameister 2016 wurden, so dass viele potentielle Interessenten in Leipzig doch eher der anderen Ballsportart an diesem Sonntagabend am heimischen Fernseher beiwohnten.
Letztendlich ist es ein wenig traurig zu betrachten, dass vor allem der MBC jedes Jahr mehr oder weniger ums Überleben kämpfen muss. Dieser Hopping-Bericht hat hoffentlich einmal mehr verdeutlicht: Im Osten geht basketballtechnisch einiges! Es bleibt nur zu hoffen, dass in Zukunft mehr ostdeutsche Basketballvereine an der Tür zum Oberhaus anklopfen. Allein schon aus dem Grund, dass wir als Alba-Fans mehr Auswärtsspiele mit kürzeren Anfahrtzeiten verbuchen können.
Link: Hopping gen Osten 2015