Vor etwa einem Jahr blickten wir mal wieder über den Tellerrand und stellten euch in unserem Kurvenflyer (#7) die Fanszene Jena vor. Dazu führten wir ein Interview mit der Gruppe „Sprungball Ultras Jena“. Die Gruppe hat sich nun in der laufenden Spielzeit aufgelöst. Die genauen Gründe könnt ihr unter http://www.sprungball-ultras.de nachlesen. Nehmt die Auflösung als Warnung für zu viel Eventisierung im Basketballsport auf! Das gesamte Interview könnt ihr als kleiner Erinnerung an die Gruppe unten nachlesen.

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Wer seid ihr? Hi, wir sind die Sprungball Ultras, die zurzeit einzige aktive Fangruppierung von Science City Jena (Basketball, 2. Liga/ProA). Was als enthusiastisches Projekt von einer Handvoll junger Kerle im Jahre 2006 (Jena stieg damals in die 1. Liga auf) begann, hat sich zu einer festen Gruppe mit Aktivitäten auch abseits des Spieltages und Supports entwickelt. Wir sind um die 15 Aktive, die immer dabei sind. Im Heimblock stehen wir mit ca. 40–50 Personen. Unser Support hat zwei eigentlich schwer zu vereinbarende Grundsätze: Einmal Kreativität, weg vom Bum-Bum des normalen Basketballsupports in 95 % aller Hallen und zum zweiten soll eine Masse / die Halle angesprochen und mitgerissen werden. So sind einfache Schlachtrufe die solide Basis, allerdings unterstützt von ein, zwei Trommeln und nicht einem ganzen Feuerwehrorchester. Darüber hinaus finden natürlich auch Gesänge Eingang in den akustischen Support – wo wir beim Spagat zur Massenkompatibilität wären. Schwenkfahnen gehört für uns genauso wie unsere Zaunfahnen und ab und an ein Spruchband oder eine Choreo mit zum Support. Unsere Meinung tun wir im „Kernbergecho“ kund. Dieses erscheint in gedruckter Version als Saisonheft und als „Extrablatt“ als Spieltagsflyer. Dazu betreiben wir noch die eine Internetseite (www.sprungball-ultras.de), die Fanseite von Science City Jena auf Facebook und sind Initiatoren des Förderkreises Fanaktionen (www.foerderkreis- fanaktionen.de).

Wie sieht die Fanszene in Jena aus? In Jena gibt es neben uns zurzeit keine weitere aktive Gruppe. Auch ein „traditioneller“ Fanclub ist nicht mehr zu finden. So sind es, außer gegen Gotha oder Chemnitz, eigentlich nur wir, die auswärts fahren, während die Heimspiele in der alten Werner-Seelenbinder-Halle von durchschnittlich 1.200 Leuten besucht wurden, was eine solide (und durchaus begeisterungsfähige) Basis an Zuschauern darstellt.

Welche Erwartungen und Befürchtungen habt ihr an eure neuen Halle? Eingangs muss erwähnt werden, dass es unser klares Ziel, unser Wunsch war, dass der Verein eine neue Halle bekommt. Die mit Abstand größte Zaunfahne „Mehrzweckhalle“ und diverse andere Aktionen widmeten sich immer wieder diesem Thema. Nur so kann es vorangehen. Die altehrwürdige Werner-Seelenbinder-Halle – ein Bauwerk der 60er mit begrenzter Kapazität, wenig Platz neben dem Feld und Pfeilern im Zuschauerraum – war immer ein geiles Zuhause, lässt aber nur schwer eine Weiterentwicklung zu. Nun ist sie da, die JenArena (so der intern gewählte Name für das Bauwerk, da wir uns mit dem offiziellen niemals anfreunden werden). Neben der (zu erwartenden) Umbenennung kamen auch andere, weniger positive Signale: So ist die Rückrundendauerkarte (Novum in Jena) teurer als es die normale Dauerkarte zu Saisonbeginn war. Rechnet man die Preise hoch, ist man sehr schnell auf einem mittleren Erstliganiveau. Beispielsweise kosten die Gästekarten für das erste Spiel 16 € bzw. 14 € (ermäßigt)! Das ist ein Spitzenwert in der Liga, während man davor auf günstige Preise stolz sein konnte und sich über die Preispolitik in anderen Hallen aufregte. Bis zum Ende der Hinrunde betrieben wir einen Fan-Stand, der gleichzeitig auch Fanartikelverkauf war. Wir haben bisher mit dem Verein kooperiert und konnten so Fanartikel „von Fans – für Fans“ zu entsprechenden Preisen (Schal oder T-Shirt: 10 €) selbst entwerfen und vertreiben – mit stets positiver Rückmeldung und Erfolg. In dieses gemachte Nest setzt sich jetzt ein Unternehmen – auch weil unsere Kapazitäten schon jetzt ausgereizt waren. Von anfänglichen Gesprächen über Mitsprache auf Augenhöhe will dieses nun nichts mehr wissen, auch ein von uns entworfenes „Übergangs-Shirt“ für die Hinrunde wurde produziert, uns aber nicht zum Verkauf überlassen. Was den Spieltag selbst angeht, so lebten wir in (Jena-)Paradies: kaum Event, viele Freiheiten. Der Verein war etwas Eigenes und es hat funktioniert und Spaß gemacht. Jetzt soll alles anders werden: Videowürfel, Klatschpappen, Maskottchen, mehr Cheerleader usw. Wir wünschen uns für die Zukunft, weiter als Gesprächspartner wahrgenommen zu werden und auf Zusagen des Vereins hinsichtlich eines mäßigen Einsatzes v. a. der letztgenannten Mittel bauen zu können. Ein erstes Entgegenkommen ist die Einrichtung eines selbstverwalteten Fanblockes. Um weiterhin Anziehungspunkt für Supportwillige zu sein und diese Interessen zu bündeln, bekommen wir, neben den Dauerkartenplätzen ein kleines Ticketkontingent zum „Selber-Vertreiben“ um unseren neuen Block herum vom Verein zu Sonderkonditionen. Dies ist jedoch eher ein Provisorium, da noch nicht klar ist, ob der Block auch über die Rückrunde hinweg denselben Standort haben wird. Im Endeffekt werden wir die JenArena mit den entsprechenden Veränderungen auf uns zukommen lassen und weiterhin kritisch sein, wo es nötig ist. Dazu gehört auch, sich nicht vom Verein für eine „Gesamtshow Spieltag“ als Beiwerk präsentieren zu lassen.

Was für ein Mitspracherecht hattet ihr beim Verein? Wir pflegen einen guten Kontakt zum Verein, auf den beide Seiten Wert legen. Vor einiger Zeit war dieser sicher besser als heute, da wir mehr Aufgaben übernommen haben, was jetzt, aufgrund der oben angesprochenen „Professionalisierung“ nicht mehr der Fall ist. Trotzdem hat man nach wie vor ähnliche Interessen in den meisten Bereichen. Dass es ab und an Konflikte gibt, ist ganz logisch und liegt in den unterschiedlichen Positionen begründet. Das große Stichwort hier heißt Kommunikation – da müssen beide Seiten noch viel lernen. Auch kommen durch die neue Halle viele neue Leute, auch hinter den Kulissen, die keine Ahnung von der Materie haben, aber erst mal kräftig rumpoltern.

Gab es irgendwie schon Probleme mit der neuen Halle? Ja. Verschiedenen Meinungsäußerungen unsererseits stießen, wie erwartet, nicht auf Gegenliebe beim Verein und bei den neu hinzukommenden Leuten. Das beschriebene Problem Fanartikel erzeugte bei uns das Gefühl, herausgedrängt zu werden. Auch der Einsatz von Klatschpappen, „weil es der Sponsor und der Betreiber wollen“, birgt riesiges Konflikt- und Gefahrenpotenzial.

Welche Ziele habt ihr für die Zukunft? Europapokalsieger 2022, spätestens. Nee, Scherz. Die Öffentlichkeit erwartet aber, dass es bald nach oben gehen wird. Für uns als Gruppe wird es mal wieder eine spannende Zeit: (Wie) gelingt es uns, die gute Stimmung aus der alten Halle mitzunehmen? Wie entwickelt sich der Basketball in Jena? Und: Können wir diese Entwicklung begleiten, ohne uns selbst zu verraten? Konkrete Ziele sind daher erst einmal die Fortsetzung bzw. der Ausbau unserer Supportaktivitäten. Sprich: Beim Heimspiel weiterhin Taktgeber zu sein und die Halle auch ohne Flap-flap- Pappe mitzureißen und auswärts vielleicht die Mitfahrerzahlen weiter zu steigern. Natürlich werden wir an den anderen Baustellen dranbleiben und hoffen, unseren Verein weiterhin mitzugestalten!